Ambrym – Aufstieg zur Caldera

Die Nacht in Lalinda verging schnell. Wir stehen recht früh auf, da der Aufstieg in die Caldera zu unserem Basislager auf dem Plan steht. Für die Wanderung sind etwa 6 Stunden geplant. Wir machen uns mit kaltem Wasser im Sinne des Wortes frisch, frühstücken eine Kleinigkeit und starten dann zum Aufstieg durch den Dschungel. Anfangs bleiben wir alle zusammen. Wir durchqueren die Gärten der Einheimischen, die jedoch keine Gärten in unserem Sinne darstellen, sondern scheinbar wild gewachsener Dschungel ist. Aber die Einheimischen wissen um ihre Grundstücksgrenzen und die der Anderen, alles hat seine Ordnung, auch ohne Zaun.

Inmitten der Gärten mit Basti und Rene (Rasenlatscher)

Noch ziemlich am Anfang bekommen wir eine Kokosnuss-Verkostung. Frische Nüsse werden von Einheimischen vom Baum geschlagen und sausen mit Schwung zur Erde. Es rummst ganz schön, wenn sie aufschlagen, so eine Nuss möchte man nicht auf den Kopf bekommen … Gekonnt schlagen die Einheimischen mit ihren Macheten die Nuss so auf, dass man direkt daraus trinken kann und wenn die Flüssigkeit raus ist, öffnen sie die Nuss, schlagen noch ein Stück Schale als Löffel ab und schon können wir das leckere Fruchtfleisch der Kokosnuss essen. Lecker 🙂

Kokosnuss mit Löffel aus Schale

Kokoslöffelnussgenuss

Der Aufstieg geht weiter und so langsam steigt die Schwierigkeit. Die Träger mit den großen Rucksäcken sind schon lange fort, wir tragen unsere Rucksäcke mit Proviant und dem ganzen Fotoequipment, immerhin auch 10 – 12kg. Im „Briefing“ empahl uns Basti, unsere eigene Geschwindigkeit zu finden und schonend mit den eigenen Ressourcen umzugehen, da noch einige weitere Wanderungen auf dem Plan stünden. Diesen Tipp beherzigen wir und sind irgendwann allein. Die erfahrenen Wanderer sind voraus und ein Teil der Gruppe ist irgendwann gefühlt weit hinter uns. So wundern wir uns durch den Dschungel, immer weiter froher Dinge. Es gibt auf diesen Wegen „festgelegte“ Rastplätze, an denen sowohl die Einheimischen als auch wir eine Pause einlegen, egal ob man erschöpft ist oder nicht, egal ob es regnet oder nicht, man hält dort an und sammelt seine Kräfte für den weiteren Weg. An einem dieser Punkte findet sich die gesamte Gruppe wieder zusammen und wir machen eine schöne lange und lustige Pause, lernen uns weiter kennen, stärken uns, lachen und genießen es, dort zu sein.

Verdiente Rast mit Michi, Jane und Basti

Als wir uns wieder auf den Weg machen, wissen wir, dass es noch anstrengend werden würde, ahnen wie sehr können wir es nicht. Der Weg wird zunehmends steiler und schmaler. Unsere Schuhe geben uns guten Halt, jedoch ist der Pfad immer wieder rutschig, nass und glitschig und jeder Schritt ist eine Anstrengung. Einen Fuß vor den anderen setzen, das Gepäck im Genick und volle Konzentration, da der Dschungel so dicht und nah ist und wir auf einem Grat entlang wandern, der direkt links und rechts neben dem Pfad steil abfällt. Noch einmal eine Senke, wir gehen ziemlich weit hinunter und wissen, dass wir das alles wieder hinauf müssen. Unten im Flussbett angekommen machen wir Rast, eine kurze Pause. Der Motivation nur bedingt zuträglich ist, dass uns just in diesem Moment eine Trägerin mit ihrer kleinen Schwester barfuß überholt. Wir nehmen es mit Humor und dann geht es wieder aufwärts. Manchmal nur wenige Schritte, wieder stehen bleiben, durchatmen, verschnaufen, weiter gehen, abrutschen, schimpfen (ein bisschen 😉 ), weiter gehen, weiter, immer weiter bergauf.

Bei all der Anstrengung ist es faszinierend, dort zu sein. Wir können es noch immer nicht so richtig fassen und so vielfältig sind die Eindrücke, als dass wir sie alle nieder schreiben könnten. Die Gerüche sind bekannt und unbekannt zugleich, manchmal modrig faulig erdig, manchmal grün und voller Leben. Die Bäume und Blätter und Blüten versuchen wir ebenfalls zu deuten. Große Baumfarne umgeben uns und dichter Dschungel. Flughunde sehen wir durch die Schluchten gleiten. Riesige Palmenblätter liegen herum, auf denen es sich hervorragend ausrutschen lässt, einen Knochenschädel vermutlich von einer Wildkatze entdecken wir unterwegs.

Im Dschungel

Dann, es deutet sich ganz kurz an, weil sich die Luft schlagartig ändert – quasi von einer Sekunde auf die andere befinden wir uns in einer anderen Welt. Ein Schritt aus einem dichten Busch heraus und wir stehen in einer dunklen Aschewüste, in diesem Moment scheint kurz die Sonne und es sieht sogar ein bisschen freundlich aus. Wir sehen in diese Ebene, sehen die Fußspuren der Träger und derjenigen, die vor uns waren. Verlaufen können wir uns nicht. Wir sehen uns ungläubig um. Wir sehen zwei Einheimische, die uns anlächeln und sich scheinbar mit uns freuen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, dort zu stehen, diese Weite vor Augen, die Vulkane in der Ferne, wir haben es geschafft. Wir befinden uns in der Caldera, die bei einem Vulkanausbruch vor ca. 2000 Jahren entstand und einen Durchmesser von ca. 12 km hat. Der Ausbruch war der 8-stärkste, der je auf der Erde stattgefunden hat – beeindruckend.

Eintritt in die Caldera

Den ersten richtig dicken Brocken haben wir erfolgreich gemeistert. Nach ungefähr 5 Stunden haben wir die Caldera und damit auch fast das Basislager, das für die nächsten 7 Tage unser Zuhause sein wird,  endlich und gesund und mehr oder weniger munter aber überglücklich erreicht 🙂